Magengeschwüre beim Pferd: Die stille Volkskrankheit erkennen

Published On: 3. November 2025

Die unterschätzte Erkrankung mit weitreichenden Folgen

Bis zu 90 Prozent aller Rennpferde und etwa 40- 60 Prozent der Freizeitpferde leiden unter Magengeschwüren – oft unbemerkt von ihren Besitzern. Diese Magenprobleme haben sich zu einer regelrechten Volkskrankheit entwickelt, die lange Zeit im Verborgenen bleibt. Die Symptome der Magengeschwüre sind häufig so fein, dass sie übersehen oder fehlinterpretiert werden. Ein Pferd zeigt nicht immer offensichtliche Schmerzen, sondern oft nur kleine Verhaltensänderungen, die leicht anderen Ursachen zugeschrieben werden. Das Magengeschwür-Syndrom kann jedoch erhebliche Auswirkungen auf Leistungsfähigkeit und Allgemeinbefinden haben. Moderne Untersuchungen wie die Gastroskopie ermöglichen heute, Magengeschwüre sicher zu diagnostizieren, und neue Behandlungsprotokolle versprechen nachhaltige Heilungserfolge. Entscheidend ist, die oft übersehenen Symptome zu erkennen und rechtzeitig zu handeln.

Anatomie des Pferdemagens: Warum Magengeschwüre so häufig entstehen

Der Pferdemagen ist mit einem Volumen von nur 8-15 Litern verhältnismäßig klein und produziert kontinuierlich Magensäure – etwa 1,5 Liter Magensaft pro Stunde, unabhängig von der Nahrungsaufnahme. Diese Säureproduktion erfolgt rund um die Uhr, was in der Natur durch kontinuierliches Fressen ausgeglichen wird. Der Magen ist in zwei Bereiche geteilt: die obere Schleimhaut ohne Drüsen und die untere Magenschleimhaut mit Drüsen.

Die obere Schleimhaut besitzt keinen natürlichen Schutz gegen Magensäure und ist daher besonders anfällig für Magengeschwüre. Der pH-Wert in diesem Bereich kann bei leerem Magen stark absinken. Die untere Magenschleimhaut produziert zwar schützenden Schleim, kann aber bei Stress oder durch bestimmte Faktoren ebenfalls Magenschleimhautveränderungen entwickeln. Die Entstehung von Magengeschwüren wird durch verschiedene Ursachen begünstigt, wobei der pH-Wert eine zentrale Rolle spielt.

Der natürliche Puffermechanismus des Magensafts funktioniert nur bei kontinuierlicher Aufnahme von Futter. Beim Kauen von Heu produziert das Pferd Speichel, der die Säure neutralisiert und den pH-Wert im Magen stabilisiert. Ein Pferd produziert beim Fressen von Raufutter bis zu 50 Liter Speichel täglich – bei reiner Kraftfuttergabe nur etwa die Hälfte. Diese Unterschiede in der Verdauung erklären, warum moderne Fütterung oft Magenprobleme verursacht.

Symptome der Magengeschwüre richtig erkennen

Die Symptome von Magengeschwüren beim Pferd entwickeln sich oft schleichend. Viele Besitzer bemerken zunächst nur kleine Änderungen im Verhalten ihres Tieres:

Verhaltensänderungen als Warnsignale

Verhaltensänderungen sind oft die ersten Anzeichen für Magengeschwüre. Das Pferd zeigt möglicherweise Unwillen bei der Ausbildung, legt die Ohren an beim Satteln oder zeigt Schmerzen beim Gurten. Diese subtilen Symptome werden häufig als Unarten fehlinterpretiert, sind aber Ausdruck von Magenproblemen. Auch vermehrte Unruhe oder Apathie können auf Magengeschwüre hindeuten.

Gestörtes Fressverhalten

Das Fressverhalten ändert sich bei Magengeschwüren deutlich. Pferde zeigen Fressunlust oder unterbrechen das Fressen plötzlich. Sie kauen langsamer, speicheln vermehrt oder zeigen „Leerkauen“ ohne Nahrung. Diese Verhaltensweisen sind Versuche, durch Speichelproduktion die Magensäure zu puffern und den pH-Wert zu regulieren.

Körperliche Symptome

Weitere Symptome umfassen Gewichtsverlust trotz ausreichender Fütterung, stumpfes Fell und wiederkehrende leichte Kolik. Bei Fohlen können Magengeschwüre zusätzlich Durchfall verursachen. Der Tierarzt sollte bei diesen Anzeichen eine Gastroskopie durchführen, um Magengeschwüre zu diagnostizieren.

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Risikofaktoren und Hauptursachen für Magengeschwüre

Stress als Hauptfaktor

Stress ist eine der Hauptursachen für die Entstehung von Magengeschwüren. Transport, Stallwechsel, Änderungen in der Herde oder intensive Ausbildung erhöhen die Säureproduktion und schwächen gleichzeitig die Schleimhaut. Bei gestressten Pferden sinkt der pH-Wert im Magen drastisch ab, was Magenschleimhautveränderungen begünstigt.

Fütterungsfehler

Lange Fresspausen sind ein bedeutender Risikofaktor für Magengeschwüre. Wenn das Pferd länger als vier Stunden kein Raufutter erhält, greift die Magensäure die ungeschützte Magenwand an. Zu wenig Heu, zu viel Kraftfutter und unregelmäßige Fütterung fördern die Entstehung von Magenproblemen. Der Magensaft wird ohne Nahrung nicht ausreichend gepuffert.

Sportliche Belastung

Trabrennpferde und andere Sportpferde haben ein besonders hohes Risiko. Bei intensiver Bewegung wird der Mageninhalt durchgeschüttelt, wodurch Säure in die empfindliche obere Schleimhaut gelangt. Studien zeigen, dass über 90 Prozent der Rennpferde Magengeschwüre entwickeln. Auch Freizeitpferde sind bei regelmäßiger Ausbildung gefährdet.

Medikamente als Auslöser

Bestimmte Arzneimittel können Magengeschwüre verursachen oder verschlimmern. Schmerzmittel reduzieren die Schutzschicht der Magenschleimhaut. Der Tierarzt sollte bei längerer Medikamentengabe präventive Maßnahmen empfehlen. Besonders die Kombination mehrerer Arzneimittel erhöht das Risiko für Magenschleimhautentzündungen und Gastritis.

Gastroskopie: Die sichere Diagnose

Vorbereitung und Untersuchung

Die Gastroskopie ist der Goldstandard, um Magengeschwüre beim Pferd zu diagnostizieren. Das Pferd muss vor der Untersuchung mindestens 12 Stunden fasten, damit der Magen leer ist. Der Tierarzt führt nach leichter Sedierung ein Endoskop durch die Nase ein. Die Untersuchung dauert etwa 20-30 Minuten und ermöglicht eine direkte Beurteilung der Magenschleimhaut.

Befunde interpretieren

Bei der Gastroskopie werden Magengeschwüre nach Schweregrad klassifiziert. Die Schleimhaut wird vom Mageneingang bis zum Magenausgang untersucht. Magenschleimhautläsionen werden dokumentiert und bewertet. Der Tierarzt unterscheidet zwischen oberflächlichen Magenschleimhautveränderungen und tiefen Geschwüren. Auch Magendasseln können bei der Gastroskopie entdeckt werden.

Differentialdiagnose

Nicht alle Befunde sind echte Geschwüre. Gastritis, Hyperkeratose oder Rötungen können Vorstufen von Magengeschwüren sein. Die Unterscheidung zwischen akuten und chronischen Veränderungen beeinflusst die Therapie. Bei Verdacht auf andere Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts sind weitere Untersuchungen nötig.

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Moderne Behandlung von Magengeschwüren

Medikamentöse Therapie

Die Behandlung von Magengeschwüren basiert auf der Reduktion der Magensäure. Omeprazol ist das wichtigste Arzneimittel und hemmt die Säureproduktion effektiv. Die Therapie dauert mindestens 28 Tage. Der pH-Wert im Magen steigt unter Behandlung deutlich an, was die Heilung der Schleimhaut ermöglicht.

Zusätzliche Arzneimittel wie Sucralfat schützen die Magenwand vor Säure. Bei schweren Magenschleimhautläsionen kombiniert der Tierarzt verschiedene Medikamente. Die Behandlung muss konsequent durchgeführt werden, um Rückfälle zu vermeiden.

Unterstützende Maßnahmen

Neben Arzneimitteln ist die Optimierung der Fütterung entscheidend. Stress muss reduziert, Fresspausen verkürzt und mehr Raufutter gefüttert werden. Während der Therapie kann eine Anpassung der Ausbildung sinnvoll sein. Die Stressreduktion unterstützt die Heilung der Magenschleimhaut.

Fütterungsmanagement bei Magenproblemen

Optimale Raufutterversorgung

Die Basis der Therapie ist ausreichend Heu. Mindestens 1,5-2 kg Raufutter pro 100 kg Körpergewicht sollten täglich gefüttert werden. Fresspausen dürfen maximal vier Stunden dauern. Heu puffert die Magensäure und stabilisiert den pH-Wert. Bei Pferden mit Magenproblemen sollte Heu ad libitum angeboten werden.

Kraftfutter anpassen

Große Kraftfuttermengen fördern Magengeschwüre durch schnelle Fermentation und Säurebildung. Die Fütterung sollte auf kleine Portionen verteilt werden. Vor der Bewegung sollte immer erst Heu gefüttert werden, um den Magen zu schützen. Der Begriff „Magenschutz“ durch richtige Fütterung ist hier wörtlich zu nehmen.

Spezielle Ergänzungsfuttermittel

Verschiedene Futterzusätze können die Heilung unterstützen. Luzerne enthält viel Calcium und puffert Magensäure. Leinsamen bildet Schleim, der die Magenschleimhaut schützt. Die Fütterung sollte individuell angepasst werden, basierend auf den Ergebnissen der Gastroskopie.

Langfristiges Management und Prävention

Nach der Behandlung

Nach erfolgreicher Therapie der Magengeschwüre ist die Vorbeugung eines Rückfalls wichtig. Studien zeigen, dass ohne Änderungen im Management 80 Prozent der Pferde innerhalb von drei Monaten erneut Geschwüre entwickeln. Eine Kontroll-Gastroskopie sichert den Therapieerfolg.

Dauerhafte Stressreduktion

Langfristig müssen alle Risikofaktoren minimiert werden. Maximaler Weidegang, stabile soziale Strukturen und angepasste Ausbildung sind essentiell. Die Haltung sollte möglichst naturnah gestaltet werden. Freizeitpferde profitieren von regelmäßigen Routinen ohne Überforderung.

Prophylaktische Maßnahmen

Bei bekannter Anfälligkeit können präventive Maßnahmen sinnvoll sein. Vor Transporten oder Wettkämpfen kann der Tierarzt prophylaktische Arzneimittel empfehlen. Die Fütterung von Magenschutzpräparaten in Stressphasen kann Magengeschwüre verhindern.

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Besondere Patientengruppen

Fohlen und Jungpferde

Fohlen können bereits in den ersten Lebenswochen Magengeschwüre entwickeln. Die Symptome unterscheiden sich von erwachsenen Pferden – Durchfall und Schmerzen beim Säugen sind typisch. Die Entstehung wird durch Stress beim Absetzen begünstigt. Die Behandlung von Fohlen erfordert spezielle Arzneimittel in angepasster Dosierung.

Alte Pferde

Bei alten Pferden kommen zusätzliche Faktoren hinzu. Zahnprobleme führen zu schlechterer Zerkleinerung von Heu und reduzierter Speichelproduktion. Die Verdauung ist oft gestört. Der Tierarzt muss bei der Therapie mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten berücksichtigen.

Komplikationen und Begleiterkrankungen

Sekundäre Probleme durch Magengeschwüre

Unbehandelte Magengeschwüre können zu schweren Komplikationen führen. Chronische Schmerzen verursachen Verhaltensänderungen und Leistungsabfall. Die gestörte Verdauung führt zu Mangelerscheinungen. Starke Geschwüre können die Magenwand stark belasten. Mit rechtzeitiger Behandlung lassen sich solche Komplikationen jedoch vermeiden.

Zusammenhang mit anderen Erkrankungen

Magengeschwüre stehen oft in Verbindung mit anderen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts. Kolik kann sowohl Ursache als auch Folge von Magenproblemen sein. Dickdarmgeschwüre treten häufig parallel auf. Eine ganzheitliche Untersuchung ist daher wichtig.

Neue Forschung zu Magenerkrankungen

Die Forschung zu Magengeschwüren macht stetige Fortschritte. Neue Studien untersuchen die Rolle des Mikrobioms im Pferdemagen. Verbesserte Arzneimittel mit längerer Wirkdauer befinden sich in der Entwicklung. Die Bedeutung des pH-Werts für die Entstehung von Magenschleimhautläsionen wird intensiv erforscht.

Genetische Faktoren für die Anfälligkeit werden untersucht. Bei Menschen sind bereits genetische Marker für Magenprobleme bekannt – ähnliche Zusammenhänge werden beim Pferd vermutet. Neue natürliche Futterzusätze zeigen in ersten Studien vielversprechende Ergebnisse bei der Prävention von Magenschleimhautentzündungen.

Praktische Tipps für den Alltag

Entwickeln Sie eine Routine, die den Pferdemagen schützt. Füttern Sie vor jeder Bewegung eine Portion Heu. Teilen Sie Kraftfutter auf mehrere kleine Mahlzeiten auf. Vermeiden Sie Fresspausen über vier Stunden. Beobachten Sie Verhaltensänderungen genau und dokumentieren Sie diese.

Bei Turnieren oder Transporten sind präventive Maßnahmen wichtig. Zusätzliche Heugaben und Magenschutzpräparate können stressbedingte Geschwüre verhindern. Sprechen Sie mit Ihrem Tierarzt über prophylaktische Maßnahmen für Ihr Pferd.

Fazit

Magengeschwüre beim Pferd sind eine weitverbreitete, aber oft übersehene Erkrankung. Die subtilen Symptome werden häufig fehlinterpretiert oder anderen Ursachen zugeschrieben. Dabei leiden bis zu 90 Prozent der Rennpferde und 40- 60 Prozent der Freizeitpferde unter dieser schmerzhaften Magenerkrankung. Die moderne Diagnostik mittels Gastroskopie ermöglicht es, Magengeschwüre sicher zu diagnostizieren und gezielt zu behandeln.

Die erfolgreiche Therapie von Magengeschwüren erfordert mehr als nur Arzneimittel. Ein ganzheitlicher Ansatz, der medikamentöse Behandlung, optimierte Fütterung und Stressreduktion kombiniert, führt zu nachhaltigen Heilungserfolgen. Die Magenschleimhaut benötigt Zeit zur Regeneration, und die Ursachen müssen dauerhaft abgestellt werden.

Jedes Pferd mit Magenproblemen benötigt einen individuellen Behandlungsplan. Die Anpassung von Haltung, Fütterung und Ausbildung ist essentiell. Mit konsequentem Management können betroffene Pferde wieder zu alter Leistungsfähigkeit zurückfinden. Die Investition in Prävention zahlt sich langfristig aus – sowohl für die Gesundheit des Tieres als auch wirtschaftlich.

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